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Chapter 2

N E W    Y O R K   C I T Y   –   L O V E   I S   N O T   F O R E V E R

B Y   W R I T I N G   –   M O N S T E R

 

 

 

K A P T E L   I I : Alles anders als früher…

Part  O N E

The Dog Days Are Over – Florence + the Machine

Drei Wochen später.

Heute war der erste Schultag.

Schlecht. Ganz schlecht.

Todsicher würde ich heute von allen angestarrt werden und darauf hatte ich definitiv keine Lust. Bestimmt zerrissen sie sich alle Mäuler, dass Jay und ich die gleichen Nachnamen hatten. Am liebsten würde ich mich wieder unter meine Decke verkriechen, doch ich hatte keine andere Wahl.

Widerwillig knipste ich mein Licht an und blickte seufzend auf die noch verschlossenen Umzugskartons, die gemütlich in der Ecke meines Zimmers auf mich warteten. Meine Bücher jedoch waren eine der ersten Dingegewesen, die ich in meine Regale gestellt hatte. Renée hatte mir versichert, dass, wenn sie und Charlie sich erst einmal etwas verdient hatten, wir in eine größere Wohnung ziehen würden.

Eigentlich war ich ziemlich zufrieden mit der Situation und konnte mich nicht beschweren.

Außer, dass heute Schule war.

Leise ging meine Tür auf. Verschlafen setzte ich mich auf und sah Jasper, der vorsichtig in mein Zimmer blickte.

„Bella, bist du wach?“

„Ja, komm rein Jay.“
Im Schein der Nachttischlampe sah ich, wie er leise die Tür schloss und sich zu mir auf das Bett setzte. Sofort legte ich meinen Kopf in seinen Schoß und kuschelte mich an ihn. Aufgrund seiner Nähe und der Hand, die mir liebevoll durch das Haar strich, entspannte ich mich sofort und atmete erleichtert aus. Die Anspannung, die mich noch vor wenigen Minuten beherrscht hatte, fiel einfach von mir ab.

„Hey, Bells, ganz ruhig. Wird schon nicht so schlimm werden.“

„Ja, ja Jay, aber wir sind nicht im gleichen Jahrgang!“ Mit großen Augen sah ich an und konnte sicherlich die Panik in ihnen nicht verbergen.

„Wir sehen und doch in der Cafeteria. Außerdem werde ich dich jede Stunde abholen, versprochen.“ Ich schloss die Augen und konzentrierte mich nur auf ihn. Nicht was sein würde, sondern allein auf seine Worte und das Versprechen, dass darin lag: Dass er mich nicht allein lassen würde.

„Danke.“
„Für dich doch immer.“

Mit einem Lächeln küsste er mich auf den Mund und besiegte somit die letzten Zweifel.

Als er sich von mir löste, schlug ich die Augen auf und sein Blick brannte sich in meinen und hielt mich so gefangen. Mit einer Hand streichelte er meine Wange, als er mit überzeugender Stimme sprach.

„Schönheit, wir schaffen das. – Komm, Mom macht schon Frühstück.“ Er stand von meinem Bett auf und hielt mir seine Hand hin. Ich schüttelte den Kopf und ignorierte seine Hand. Verwirrt betrachtete er mich.

„Ich komme gleich, ich muss mich noch anziehen, Jay.“ Als er endlich verstand, blieb er einfach stehen und sah mich weiter an. Ungeduldig wedelte ich mich meinen Händen, dass er verschwinden sollte. „Also hopp, hopp, raus aus meinem Zimmer.“ Er musste mich ja nicht unbedingt nackt sehen.

„Ach ja?“ Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah er mich herausfordernd an und grinste überheblich.

„Spanner…“ Ich versuchte ihn lachend rauszuschieben. Doch gegen seine Muskeln hatte ich keine Chance.

„Man Jay, ich muss mich anziehen. Ich habe keine Lust ausgerechnet heute zu spät zu kommen“, quengelte ich wie ein kleines Kind.

„Ist ja gut. Ich geh‘ schon.“

Er drehte sich um und dann noch ein Stück weiter, sodass er wieder mit dem Gesicht zu mir stand. Jay beugte sich vor und küsste mich nochmals.

Dann wandte er sich endgültig zur Tür und ging wortlos und ohne sich umzudrehen hinaus.

***

Alle starrten uns an, als wir auf den Parkplatz fuhren, was sicher auch an unserem grünen Jaguar lag, der einst meinen Eltern gehört hatte.

Jasper half mir aus dem Auto und wir machten uns auf die Suche nach dem Sekretariat.

„Hey, ihr müsst Jasper und Isabella Swan sein? Hi, ich bin Alice und das ist mein Freund Emmett.“ Ein elfenhaftes, schwarzhaariges, hübsches Mädchen in meinem Alter stand erfreut vor uns. Ihr Freund Emmett war mindestens ein zwei Meter Riese und Jaspers Muskeln waren nichts gegen seine.

„Ja hallo, ähm, nennt mich aber bitte ‚Bella‘. Wir suchen das Sekretariat, könnt ihr uns vielleicht den Weg zeigen?“

Jasper drückte meine Hand,

Alice sah mit hochgezogenen Augen zu unseren verschlungenen Händen, ging jedoch nicht darauf ein.

„Aber sicher doch. Alice hat die ganze Woche nur von euch zwei neuen Schülern gesprochen.“ Emmett lachte herzhaft. Alice sah ihn gespielt böse an und hakte sich bei ihm unter.

„Ach was. Ich war halt nur neugierig. Es kommt schließlich nicht immer so spät jemand an unsere Schule. – Aber erzählt doch mal, wieso habt ihr noch so spät gewechselt?“

Emmett grinste augenverdrehend seine Freundin an. Ob sie immer ohne Punkt und Komma redete?

Neugierige Blicke, wohin man auch sah.

„Macht euch keine Sorgen, sie ist immer so drauf. Aber sagt mal, wie ich mitbekommen hab‘, seid ihr Geschwister. Wieso seid ihr dann zusammen? Inzest oder was?“

Alice schlug Emmett nicht gerade unauffällig auf den Arm.

Jay lachte. Ich dagegen seufzte nur. Genau das hatte ich erwartet.

„Ja, wir sind zusammen, aber Bella ist nur meine Adoptivschwester.“ Aufmuntert lächelte er mich an.

Alice sah mich neugierig an und ich wusste, dass sie mit dieser Antwort immer noch nicht zufrieden war und auf mehr brannte. Sie wollte gerade erneut ansetzen, doch Jasper verengte seine Augen und begann schon zu reden.

„Danke, dass ihr uns den Weg gezeigt habt.“ Er lächelte und würgte somit jede neue Frage ab. Sie schnappte nach Luft, als wäre sie ein Fisch am trockenen Land.

Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir schon vor dem Sekretariat standen.

„Hey, ihr habt mir noch nicht meine Frage beantwortet!“ Anscheinend hatte Alice ihre Stimme wieder gefunden und sah uns nun schmollend an. Dieses Mädchen erstaunte mich, sie gab einfach nicht auf.

Jetzt lachten wir beide. Jasper amüsiert und ich überrascht.

„Wir werden uns in der Cafeteria sehen, oder?“ Jay sah mich fragend an.

„Ja, ist okay.“ Alice klatsche erfreut in ihre Hände und strahlte über das ganze Gesicht, als hätte ich ihr gerade gesagt, dass sie im Lotto gewonnen hat. Anscheinend war sie ein Mensch, der pure Freude am Leben hatte und sich durch nichts und niemanden die Laune verderben ließ. Auf alle Fälle war ich froh schon mal zwei sympathische Menschen kennengelernt zu haben.

„Also dann bis später.“ Ich hob meine Hand zu einem Abschiedsgruß.

Emmett winkte uns fröhlich zurück und schnappte sich Alice Hand. Ich sah den beiden nach, bis die Schülermenge schließlich sie verschluckte.

Erst jetzt merkte ich, dass die Blicke, die uns zugeworfen wurden, nicht nur neugierig, sondern auch spöttisch waren. Das irritierte mich, denn wir hatten nichts anderes getan als mit Emmett und Alice zu reden.

Jay zog mich schnell ins Sekretariat, um uns vor dem Gaffen der anderen zu schützen.

Hier war es bis auf das Ticken einer Uhr still und man hörte von dem Lärm auf dem Flur nichts.

Eine Frau, um die vierzig, saß mit rotgefärbten Haaren vor einem großen Schreibtisch und telefonierte gerade. Dabei tippte sie immer wieder etwas in den Computer vor ihr ein. Als sie uns bemerkte, gab sie uns mit einem Wink zu verstehen, dass wir warten sollten. Neugierig sah ich mich in dem eher kleinen Zimmer um. Durch einen brusthohen Tresen war der Raum in der Mitte geteilt und schaffte so eine klare Trennung. Der Bereich, in dem die Sekretärin arbeitete, war überfüllt mit Regalen, in denen sich Papier um Papier stapelte. Auf der Seite, auf der Jay und ich standen, waren nur zwei Stühle und eine riesige Pinnwand, mit Zetteln über Termine und Veranstaltungen, hing an der Wand. Gegenüber stand ein großer Gummibaum, der wenigstens ein bisschen Natur reinbrachte, sonst wirkten die weißen Wände eher wie in einem Krankenhaus.

„Ja bitte?“ Die Frau, die sich schließlich als Miss Cope vorstellte, hatte ihr Telefonat beendet und ging zum Tresen.

„Guten Tag Miss Cope. Ich bin Jasper Swan und das ist meine Adoptivschwester Isabella Swan. Heute ist unser erster Tag an dieser Schule und uns wurde mitgeteilt, dass wir uns hier zuerst melden sollen.“ Das Wort ‚Adoptivschwester‘ betonte er extra.

Sie nahm dies nickend zur Kenntnis, ging zurück zu ihrem Schreibtisch und kramte in einem Ordner, der die Aufschrift For new Students (Für neue Schüler) trug. Als sie schließlich die richtigen Unterlagen für uns gefunden hatte, legte sie diese vor uns auf den Tresen und erklärte uns, was wir mit dem jeweiligen Formular machen sollten. Anschließend überreichte sie uns noch unsere Stundenpläne und besprach noch einige Details zum Schulablauf. Sie übergab uns den Stapel und entließ uns mit einem: „Herzlich Willkommen an unserer High School“ vor Unterrichtsbeginn. Wir verabschiedeten uns höflich und machten uns auf den Weg zu unseren Unterrichtsräumen.

„Was hältst du von Emmett und Alice, Bella?“ Jasper nahm meine Hand und sah mich fragend an.

„Sie scheinen ganz nett zu sein. Nicht das vorgegaukelte Interesse nur um die Neugierde zu befriedigen; das sie neugierig sind, ist klar. Du weißt, was ich meine. Ich denke, dass man, wenn man mit ihnen befreundet ist, viel Spaß hat.“

„Ja ich sehe das auch so.“ Er nickte zustimmend. Mein Blick fiel auf die Unterlagen in Jaspers Hand und mir fiel ein, dass ich noch nicht einmal wusste welches Fach ich jetzt habe.

„Jay, kann ich meinen Stundenplan haben? Und was hast du jetzt eigentlich?“ Er blätterte kurz den Stapel durch und überreichte mir meinen Zettel.

„Äh, Spanisch.“, beantwortete er meine Frage mit einem kurzen Blick auf seinen Plan. Ich tat es ihm gleich und stöhnte entsetzt auf. Jasper sah mich irritiert an. Ich deutete auf das Blatt in meiner Hand.
„Ich hab‘ jetzt Mathe. Der Tag fängt echt toll an! Für was brauche ich Mathematik in einem Literaturstudium?“ Frustriert löste ich meine Hand von Jay’s und warf meine Arme in die Luft, um meinem Ärger Platz zu machen. Er seufzte bloß verstehend und schnappte sich wieder meine Hand und malte mit seinem Daumen beruhigende Kreise.

„Komm, ich begleite dich zu deinem Klassenzimmer.“ Ich nannte ihm noch die Zimmernummer und er löste sein Versprechen von heute Morgen ein und ließ mich nicht alleine durch die fremden Gänge der Schule irren.

Als wir davor standen, wandte ich mich verzweifelt zu Jasper. Dieser zog mich in eine Umarmung und hielt mich einen Moment lang. Noch einmal sog ich seinen Duft ein und entspannte mich etwas, bevor er mich wieder losließ. Er lehnte seine Stirn an meine und hielt mich mit seinem Blick gefangen.

„He, Schönheit, du schaffst das schon. Ich hole dich nach der Stunde ab, ja?“ Ich schloss meine Augen und atmete tief durch.

„Ok.“ Seufzend küsste ich ihn und versuchte Mut zu schöpfen. Doch ich hörte die anderen Schüler tuscheln, als sie uns so engumschlungen sahen. Ich wusste, dass gleich der Unterricht beginnen würde und löste mich widerwillig von ihm.

„War ja klar, dass sie reden, nicht wahr?“

Er nickte.

Ein letztes Mal drückte er liebevoll meine Hand, um mir wenigstens ein Gefühl der Sicherheit zu geben.

Ich atmete noch einmal tief durch und versuchte mich für das Kommende zu wappnen. Um es endlich hinter mich zu bringen, schritt ich durch die Tür. Doch meine Entschlossenheit war verschwunden, als alle Gespräche sofort verstummten und sie mich von oben bis unten musterten. Im selben Moment schoss mir das Blut in die Wangen.

Ich stolperte fast zum Lehrer, der an dem Pult saß und anscheinend Aufgaben korrigierte.

„Sind Sie Isabella Swan?“ Er nahm seine Brille ab und musterte mich streng. Sein altes Gesicht machte auf mich keinen allzu freundlichen Eindruck und ich ging unter seinem Blick fast ein. Das alles half nicht wirklich viel, um mir meine Panik zu nehmen und ich musste schlucken.

„Ja, aber bitte nur Bella.“ Es wunderte mich, dass ich nicht gestottert hatte. Er nickte nur und unterschrieb den Zettel, den ich ihm schließlich reichte. Als er endlich sprach war sein Ton streng und mahnend.

„Willkommen an unserer Schule. Ich hoffe Sie kommen mit dem Stoff zurecht, ansonsten sollten Sie Nachhilfeunterricht bei einem der Cullen oder Hale Geschwister nehmen. Setzten Sie sich doch bitte neben Alice Hale.“ Mit einem Wink gab er mir zu verstehen, dass ich mich sofort setzen sollte.

Sie grinste mich aus der letzten Reihe fröhlich an und machte den Platz neben sich für mich frei. Ich lächelte leicht über das bekannte Gesicht und mein bisschen Glück, währenddessen versuchte ich die anderen Blicke zu ignorieren.

„Hallo Alice. Ich bin froh wenigstens jemanden zu kennen.“ Dabei holte meinen Ordner aus meiner Tasche, schlug ihn auf und wandte mich an Alice, die mich glücklich anlächelte.

„Ach was, keine Ursache. Ich bin sicher, dass wir gute Freunde werden.“ Sie klang sehr überzeugt, jedoch nicht überheblich und ich wollte gerade antworten, als die Stimme des Mathelehrers, Mr. Varner, uns verärgert unterbrach.

„Miss Hale und Miss Swan, ich bitte Sie Ihr Gespräch außerhalb meines Unterrichts fortzusetzen.“

Wir nickten brav und als er uns nicht mehr versuchte uns mit seinen Blicken zum Schweigen zu bringen, verdrehte Alice unauffällig die Augen. Ich musste ein Grinsen unterdrücken und wandte mich aber widerwillig zur Tafel um und versuchte den Stoff einigermaßen zu verstehen.

Als die Stunde zu Ende war, atmete ich erleichtert aus. Ich war froh, dass ich Mathe für den heutigen Tag hinter mich gebracht hatte. Leider hatte ich nicht die gewünschte Erleuchtung und blickte etwas verzweifelt auf meine Mitschrift. Wer das ohne Probleme verstand, verdiente meinen vollsten Respekt. Und vielleicht auch ein bisschen Neid.

„Verstehst du den Stoff, Bella?“ Sie hatte anscheinend meinen Gesichtsausdruck richtig gedeutet. Mit einem Schnaufen schlug ich meinen Order zu, um so die verwirrenden Zahlen, nicht mehr vor Augen zu haben.

„Nein, nicht wirklich, Alice, aber ich war noch nie gut in Mathe. – Aber sag mal, wer sind die Cullens und der andere Hale, die Mr. Varner vorher erwähnt hat.“ Das hatte ich mich schon vorher gefragt.
„Ach, er meinte meine Schwester Rosalie, sie ist eine Stufe über uns. Genau wie Emmett Cullen, den kennst du ja schon. Er hat noch einen Bruder in unserer Jahrgangsstufe, Edward, er ist mit Rose zusammen.“ Sie schienen eine eingeschweißte Clique zu sein, denn ich fand es mehr als zufällig, dass die Geschwisterpaare, mit dem jeweiligen anderen zusammen waren. Ich glaubte, das konnte man mit Jasper und mir vergleichen. Da ich noch nicht geantwortet hatte, beeilte ich mich dem nachzukommen.
„Ah, okay. Aber Jay wird mir sicherlich helfen, das hat er bis jetzt immer.“ Wir hatten unsere Unterlagen zusammengepackt und machten uns auf den Weg raus aus dem Klassenzimmer.

„Jay?“ Sie blickte mich neugierig an.

„Jay ist der Spitzname für Jasper.“

„Wieso Jay?

„Als ich klein war, habe ich immer nur das ‚J‘ gesprochen. Daher Jay.“ Ich grinste leicht.

„Er ist dein Bruder.“ Ich blieb stehen, als sie mich skeptisch ansah. Anscheinend hatte sie das Gespräch vor der Schule nicht ganz überzeugt.
„Ja, die Betonung liegt aber auf
Adoptiv.“

„Er ist auch dein Freund.“

„Ja, aber das ist eine lange Geschichte.“

„Ich habe Zeit.“ Meine Güte, dieses Mädchen war wirklich stur.

„Irgendwann erzähle ich sie dir, Alice, aber nicht jetzt.“ Sie blickte mich für einen Moment lang an, dann nickte sie ergeben und ich seufzte erleichtert. Die Fragerei schien vorbei zu sein, wenigstens für jetzt.

Als wir durch die Tür gingen, sah ich Jasper schon an der Wand gegenüber lehnen und er unterhielt sich angeregt mit Emmett.

Jay stieß sich ab, als er mich bemerkte und nahm meine Hand und gab einen charmanten Kuss darauf. Über diese Geste musste ich kichern.

„Und, war es schlimm?“ Er lächelte mich liebevoll an.

„Nein, eigentlich nicht. Ich sitze Gott sei Dank neben Alice. Aber der Stoff – du musst mir unbedingt in Mathe helfen!“ Die Verzweiflung über meine Miesere ließ ihn lachen. Ich schnappte empört nach Luft, als er einfach nicht aufhörte. Der Scham und der leichte Zorn, trieb mir die Röte auf die Wangen.

„Hey, hör auf mich auszulachen!“ Beleidigt schmollte ich ihn an.

„Natürlich helfe ich dir. Aber ich finde es lustig, dass du immer und überall Probleme mit diesem Fach hast. Wohlgemerkt immer nur in Mathe.“ Versöhnlich umarmte er mich, aber so einfach war das nicht. Ich schlug ihm leicht auf die Schulter und er drückte mir zu meiner Überraschung einen Kuss auf den Mund.

Plötzlich hörte ich Alice schreien.

„Ahh Emmett. Hör auf meine Frisur zu zerstören!“

Alice stand wutentbrannt vor Emmett und strich sich ihre Haare zu recht. Diesem verging das Grinsen, sobald er in das zornige Gesicht seiner Freundin blickte.

Emmett, der sehr einem Bullen ähnelte, sah so ängstlich aus wie ein Hase, der vor einer Schlange saß und auf seinen Tod wartete. Hilfesuchend blickte er sich um und rief schließlich: „Hey Edward, ich weiß, dass du das bist. Also hilf verdammt noch mal deinem Bruder!“

Die anderen Schüler lachten nicht wie Jay und ich, sondern sahen gelangweilt und genervt zugleich aus, machten jedoch ehrfürchtig einem Pärchen Platz. In typischen Teenagerfilmen gab es immer das eine perfekte High School Paar. Bis jetzt hielt ich das für Schwachsinn, wie alles an solchen Filmen.

Aber als ich die beiden sah, wurde ich eines besseren belehrt und meine Augen weiteten sich.

Sie, das Mädchen, war wunderschön.

Ihr blondes Haar umrahmte in sanften Wellen das makellose Gesicht und ihre blauen Augen strahlten nur so wie das Meer. Der roséfarbene Kussmund und ihre feine, gerade Nase vollendeten ihren Gesamtblick. Die rote Seidenbluse, die subtil auf Designerherkunft hinwies, betonte ihre perfekt zur Figur passende Oberweite. Eine Röhrenjeans brachten ihre schlanken langen Beine zur Geltung und ihre Füße steckten in schwarze Lederpumps, deren Höhe ich nie wagen würde zu tragen. Ihr Gesamtbild ließ sie wie ein Model erscheinen, direkt vom Laufsteg.

Als ich mich von ihrem Anblick losriss, musterte ich unauffällig ihren Freund.

Sein verwuscheltes bronzefarbenes Haar setzte seine funkelnden grünen Augen gekonnt in Szene. Sein Mund war zu einem Lachen verzogen und er hatte dadurch eine atemberaubende Ausstrahlung. Automatisch musste ich auch lächeln. Er trug ein verwaschenes blaues T-Shirt und über seinem Arm hing eine schwarze Jacke. Man könnte meinen, dass er sehr schlaksig war. Denn im Gegensatz zu Emmett oder Jasper waren seine Muskeln nicht ausgeprägt, doch wenn man ihn wie ich genauer betrachtete, bemerkte man, dass er für seine eher dünn wirkende Figur sehr wohl kräftig war. Sein Gesamtbild war sehr einnehmend und ich war mir sicher, dass nicht nur ein paar Schülerinnen ihm verfallen waren. Klischeehaft müsste ich jetzt den Atem anhalten und ihn wie hypnotisiert anstarren, doch ich hatte gelernt, dass man sich nicht von einer schönen Schale blenden lassen sollte.

Die beiden traten zu uns und der Junge schlug Emmett kumpelhaft auf die Schulter, während sich Alice und das Mädchen umarmten.

„Kann sich mein großer Bruder nicht vor seiner Freundin retten?“ Emmett schnaufte bloß und zuckte die Schultern.

„Mann, Ed, du kennst doch Alice. Sie hat bei uns die Hosen an…“ Er deutete mit einer Handbewegung zu Alice, als würde das alles erklären.

Der Junge mit dem bronzefarbenen Haar musste Edward sein und die blonde Schönheit an seiner Seite, Rosalie.

„Aber Emmett, Schatz, ich könnte dir doch nie etwas tun.“ Alice sah ihren Freund unschuldig an und spielte mit einer Haarsträhne. Sie sah aus wie ein kleines Kind, das dabei erwischt worden war Süßigkeiten zu naschen und nun versuchte Mommy mit großen Augen zu überzeugen, dass doch gar nichts passiert war.

Ich musste lachen.

Sofort wandten sich alle mir zu und mein Lachen verwandelte sich in ein Husten. Ich fühlte wie meine Wangen warm wurden und sah verlegen zu Jasper.

So viel Aufmerksamkeit war mir schon wieder unangenehm.

Alice hatte sich schon längst wieder abgeregt und strahlte uns alle an.

„Ach, ich hab‘ euch noch gar nicht miteinander bekannt gemacht.“, Sie zeigte auf mich und Jay. „Das ist Bella und ihr Freund und Adoptivbruder Jasper. Das sind Rose, meine Sis, und Edward, Emmetts Bruder und mein Schwager in Spe.“

Wir nickten uns höflich lächelnd zu.

„Gut, dann hätten wir das auch erklärt. Aber ich denke wir sollten uns langsam auf den Weg machen.“

Jasper wandte sich mir zu und blickte mich neugierig an.

„Was hast du jetzt? Also, ich habe Englisch.“

Ich antwortete ihm, nachdem ich einen kurzen Blick auf meinen Stundenplan geworfen hatte. „Ich hab‘ Biologie.“

Jasper sah die anderen an und nahm meine Hand.

„Bis später dann.“ Wir winkten ihnen noch zu und machten uns auf den Weg zu unseren Klassenräumen.

Als ich sicher war, dass die anderen uns nicht mehr hören konnten, sagte ich zu Jay.

„Wow. Rosalie ist wunderschön. Ich hoffe sie ist genauso nett wie Alice.“
„Vielleicht siehst du das so, aber für mich bleibst du die Bellisima.“ Ich kicherte und wurde rot. Jasper sah mich liebevoll an und strich mir über die warmen Wangen. „Mach dir nicht so viele Gedanken, Bella, sie werden uns schon akzeptieren. Emmett meinte zwar, dass sie und Edward nicht so viel mit den beiden zu tun hatten, weil sie das Verhalten von Alice und ihrem Freund zwar lustig, aber auch kindisch finden.“

Ich dachte über die Szene im Gang nach und musste lachen.

„Was ist?“ Jay sah mich fragend an.

„Das erinnert mich daran, was ich gedacht habe, als ich sie das erste Mal sah. – Du kennst doch die Teeniefilme, die Renée uns immer reingewürgt hat? Da gab es immer DAS perfekte High School Pärchen. Ich glaube wir haben hier eins.“

Jay verzog kurz das Gesicht, als er an die Filme dachte, stimmte mir aber dennoch zu und nun lachten wir zusammen. Leider mussten wir uns irgendwann trennen, denn die Zimmer lagen nicht im gleichen Stockwerk.

„Ich muss jetzt aber, sonst komme ich zu spät.“ Enttäuscht blickte ich an. Ich wusste, dass es nicht seine Schuld war, aber ich konnte es nicht leiden, wenn ich alleine durch die Gänge musste. Er gab mir einen kurzen, aber dennoch süßen Kuss und ich ging weiter zum Biologiezimmer, während er die Treppe nach unten rannte.

Zum Glück war zwischen jeder Stunde fünf Minuten Pause also kam ich nicht zu spät.

Ich ging zu dem Lehrer, dessen Namensschild ihn als Mr. Banner auswies. Er hatte mich noch nicht bemerkt und wühlte gerade verzweifelt in Papieren, die über den ganzen Tisch verteilt waren. Seine Brille hing etwas schief auf der Nase und ein Teil seines Kopfes war genauso kahl wie seine Stirn. Dadurch dass er saß, konnte ich nur erahnen, dass sein Bauch wahrscheinlich auch schon bessere Tage hinter sich hatte. Alles in allem, wirkte er wie ein sehr chaotischer, in die Jahre gekommener High School Lehrer. Ich räusperte mich leicht.

„Hallo, ähm, ich bin Bella Swan.“ Unsicher lächelte ich Mr. Banner an. Dieser zog mit einem triumphierenden Grinsen einen Zettel in die Höhe und musterte mich verwirrt. Nach einiger Zeit, hellte sich sein Gesicht auf, als er kapierte, dass ich eine neue Schülerin war. Ich wand mich unangenehm unter seinem Blick.

„Ah, Miss Swan. Ich hoffe Sie hatten einen guten Start. Bitte setzten Sie sich dort hin.“ Mit einer Handbewegung deutete auf einen leeren Tisch in der zweiten Reihe und wandte sich auch schon wieder von mir ab. Plötzlich hatte ich es eilig mich hinzusetzen, denn ich bemerkte nun die neugierigen Blicke meiner Mitschüler. Ich hoffte dieser Tisch würde leer bleiben, damit ich keine nervenden Fragen beantworten musste.

Doch meine Hoffnung wurde zunichte gemacht, als ein gewisser Edward Cullen kurz vor dem Gong lässig in den Kurs kam, vor meinem Tisch abrupt stehen blieb und mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansah.

Dies war mir äußerst unangenehm und so wandte ich meinen Blick aus dem Fenster zu meiner Linken. Von hier konnte ich den großen Schüler Parkplatz sehen, jedoch waren es so viele Autos, dass ich meinen Jaguar nicht finden konnte, obwohl ich wusste, wo er stand. Ich bemerkte, dass die meisten Autos eher teure Fabrikate waren und nur wenige Fahrzeuge in der mittleren Preisklasse fuhren. Ich seufzte über die Demonstrierung des Status und konnte mir denken, dass nicht viele ihre Wagen wegen einer persönlichen Bedeutung fuhren, so wie ich.

Als Edward seinen Ordner auf den Tisch fallen ließ und gleichzeitig seinen Stuhl zurückzog, zuckte ich zusammen und war mit meinen Gedanken wieder im hier und jetzt gelandet.

Erschrocken verharrte ich kurz und wandte mich gezwungenermaßen Mr. Banner zu, der mit dem Unterricht anfing. Der Stoff war der gleiche, den wir in Phoenix behandelt hatten und so hatte ich keine Schwierigkeiten den Erklärungen des Lehrers zu folgen. Ich überlegte, ob es zwingend war mitzuschreiben, denn ich hatte meine Schulunterlagen mitgenommen, doch dachte mir, dass es ja nicht schaden kann.

Nach circa zwanzig Minuten stellte er uns Aufgaben im Buch. Aber leider hatte ich bis jetzt noch keine Gelegenheit mir die Bücher zu holen und so musste ich mich wohl oder übel an Edward wenden, der noch kein einziges Wort zu mir gesagt hatte.

„Ähm, Edward, kannst du das Buch vielleicht in die Mitte legen? Ich hab nämlich noch keine Schulbücher für den Unterricht.“ Verlegen und unangenehm berührt, dass er nötig war ihn zu fragen, blinzelte ich ihn an.

Schulterzuckend schob er es in die Mitte und wandte sich wieder den Aufgaben zu. Meine Augen weiteten sich, denn er hatte mich nur kurz mit einem kalten Blick ausdruckslos angesehen und machte sich nicht die Mühe zu antworten. Ich schluckte über seine Ignoranz und schloss für einen Moment die Lider um mich zu beruhigen und nicht in unangenehmen Erinnerungen zu versinken. Ich tat es ihm gleich und beachtete ihn nicht, und fing an mir die Aufgabenstellung durchzulesen.

Nach höchstens zehn Minuten war ich fertig. Mein Nachbar, wie es schien, hatte auch alle Aufgaben gelöst.

Gedankenverloren trommelte ich mit meinem Stift auf meinen Block und lehnte mich zurück.

Ich überlegte, ob ich mit Edward reden sollte oder nicht, doch nach seinem Blick von vorher ließ ich das lieber sein und genau in diesem Moment kam Mr. Banner an den Tisch und nahm mir so die Entscheidung ab, mich lächerlich zu machen.

„Ah, wie ich sehe sind Sie fertig, Mr. Cullen.“, er warf einen kurzen Blick auf das beschriebene Blatt von ihm und Mr. Banners Blick wanderte zu meinem Block.

Missbilligend wandte er sich an Edward.

„Aber, aber, Sie wissen doch genau wie wenig ich von abschreiben halte. Miss Swan sollte die Chance haben den Stoff selber zu beherrschen!“

Ich brauchte einen Moment um den Sinn hinter seinen Worten zu verstehen und war empört. Traute mir der Lehrer nicht zu, dass ich die Aufgaben alleine schaffen könnte?

„Es tut mir Leid, mich einmischen zu müssen, doch ich habe die Aufgaben selbstständig und ohne die Hilfe von Mr. Cullen gelöst.“ Verärgert sah ich meinen Lehrer an.

Dieser wandte sich erstaunt mir zu und schob seine Brille wieder richtig auf die Nase.

„Wirklich? Dann wollen wir doch mal sehen, ob Sie sie richtig gelöst haben.“ Selbstgefällig lehnte ich mich hinter und ließ ihn machen.

Während er sich meine Ergebnisse ansah, wurden seine Augen immer größer.

„Ja, alles korrekt und ausführlich beantwortet. Ich finde es sehr interessant wie Sie das Verhalten der einzelnen Zellen erläutert haben. Sagen Sie Miss Swan, welche Note hatten Sie an ihrer alten Schule in Biologie?“

„A plus.“

Eine Augenbraue schnellte in die Höhe und er kratzte eine kahle Stelle an seinem Kopf. Er blickte von mir zu Edward und wieder zurück.

„Es ist ganz gut, dass sie beide zusammensitzen.“, murmelte und wand sich den anderen Schülern zu.

Irgendwie war ich verwirrt und verstand die Welt nicht mehr. Was war bitte so erstaunlich an meiner schulischen Leistung?

Ich musste hart arbeiten für ein Stipendium. Ich konnte die Studiengebühren nicht einfach bezahlen, wie die meisten hier.

Eingeschnappt verschränkte ich die Arme und dachte nach. Wahrscheinlich lag es genau daran. Viele strengten sich nicht an, denn sie hatte ja das Geld und die Autos auf dem Parkplatz ließen darauf schließen, dass ich eine der wenigen, war die sich darum sorgen machen musste.

Edward hustete und blickte mich amüsiert an. Das verwirrte mich noch mehr. War er vorhin nicht kalt zu mir?

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